Ich habe eine Theorie.
Zuerst aber die Vorgeschichte:
Mein Vater seine Eltern haben sich geschieden, als er ungefähr 10 Jahre alt war. Sein Vater hatte schon eine neue Frau und hatte mit ihr bereits eine neue Familie im gleichen Dorf gegründet. Die Arztpraxis des Vaters war immer noch im Elternhaus meines Vaters. Sein Vater praktizierte dort weiter. Angeblich soll er aber den Kontakt zu seinen Kindern komplett abgebrochen haben und sie komplett ignoriert haben. Die Geschwister meines Vaters waren alle schon älter und waren bei irgendwelchen Internaten untergebracht. Seine Mutter war bipolar und missbrauchte dabei Medikamente, zu welchen sie in der Arztpraxis immer noch Zugang hatte. Eines Tages versuchte sie sich damit umzubringen. Ein älterer Bruder meines Vaters fand sie als er an einem Wochenende in der Nacht nach Hause kam. Er rief die Ambulanz. Mein Vater bekam das alles mit, entschied sich aber alleine in seinem Kinderzimmer zu bleiben. Am nächsten Tag bekommt er mit, wie sein Vater, der von der Sache Wind bekommen hat, seinem grösseren Bruder Vorwürfe macht, warum er die Ambulanz gerufen hat. Aus seiner Sicht hätte er ohne die Ambulanz einfach ein Problem weniger gehabt. Mein Vater hat also in sehr jungen Jahren mitbekommen, dass er seinem Vater nicht nur egal ist, sondern auch, dass sein Vater eine Gefahr für seine Mutter ist. Da seine Mutter seine einzige Bezugsperson geblieben ist, muss das extrem traumatisierend gewesen sein. In seiner Kinderlogik war der Vater böse und gefährlich, aber es gab keinen Raum sich diesen Gefühlen zu stellen bzw. diese Gefühle zu verarbeiten.
Mit 25 Jahren wurde er mein Vater. Schon extrem früh projezierte er sein Trauma auf mich. Das heisst, dass er seine unterdrückte Wut und Angst auf, oder besser gesagt gegen, mich projezierte.
Heute bin ich 39 Jahre alt. Und in der Beziehung zu meinem Vater noch immer nicht viel weiter.
Ich war der, der ihm seine Mutter wegnehmen wollte. Dabei war ich doch bloss ein kleines Kind und es war MEINE Mutter.